31. Okt. 2015 bis
31. Jan. 2016

Ausstellung

Ich bin hier!

Von Rembrandt zum Selfie


Kurz zusammengefasst

Sechs Jahrhunderte Bilder des Selbst in unterschiedlichen Medien präsentierte das Kooperationsprojekt I AM HERE

Zu den großen Themen der europäischen Kunstgeschichte zählt das Selbstbildnis. Spätestens seit der Renaissance haben Künstler selbstbewusst ihr eigenes Bild kreiert, sich inszeniert und ihr Image konstruiert. Die Ausstellung Ich bin hier! präsentiert von Rembrandt zum Selfie eine spannende Auswahl an künstlerischen Selbst-Bildern aus sechs Jahrhunderten in unterschiedlichen Medien. Das Thema ist gleichzeitig hoch aktuell, denn in den Sozialen Netzwerken sind Selbstdarstellungen überaus beliebt.

Mehr lesen
Weniger lesen

Ich bin hier! zeigt die frühe Selbstvergewisserung des Künstlers in der Renaissance, die fulminante Zurschaustellungen im Barock, die empfindsame Subjektivität in den Bildern der Romantik, die zunehmend schonungslose Sicht auf das Selbst in der Moderne, schließlich die obsessive Befragung des Ich in den jüngeren Medien Fotografie und Video.

Facetten der französischen, britischen und deutschen Kunstproduktion werden dabei sichtbar, denn die rund 1oo Werke kommen aus drei bedeutenden europäischen Sammlungen, die sich gegenseitig ergänzen: dem Musée des Beaux-Arts in Lyon, den National Galleries of Scotland in Edinburgh und der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe.

Die Ausstellung, die im Rahmen des von der EU geförderten Projektes Ich bin hier. Europäische Gesichter durchgeführt wird, versammelt Werke von Palma Vecchio, Gustave Courbet, Anselm Feuerbach, Ernst Ludwig Kirchner, Henri Matisse, Max Beckmann, Andy Warhol, Marina Abramović, Tracey Emin u. v. a. Die Schau wird im Anschluss nach Lyon und Edinburgh reisen.

Facing the World

Selbstporträt der zeitgenössischen Künstlerin Annie Lennox von Allan Martin aus dem Jahr 2003, das in der Ausstellung "Ich bin hier" vom 31. Oktober 2015 bis 31. Januar 2016 in der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe zu sehen war.
Annie Lennox, Allan Martin: Selbstporträt, 2003

Selbstporträts von Rembrandt bis Ai Weiwei

16.07.2016–16.10.2016, National Galleries of Scotland Edinburgh

Facing the World. Selbstporträts von Rembrandt bis Ai Weiwei in der Scottish National Portrait Gallery widmet sich der eindringlichen Faszination mit der Künstler über Jahrhunderte den Blick auf sich selbst gerichtet haben. Präsentiert wird ein weitreichender Blick auf Selbstporträts vom 16. Jahrhundert bis heute.

Mehr lesen
Weniger lesen

Facing the World zeigt Werke aus drei hervorragenden europäischen Sammlungen, der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe, dem Musée des Beaux-Arts de Lyon und den National Galleries of Scotland. Die beeindruckende Auswahl umfasst 140 Werke aus sechs Jahrhunderten und bietet Einblick in die große Spannbreite der angewandten Techniken, darunter Zeichnung, Grafik, Malerei, Fotografie, Video und Social Media.

Eines der Highlights ist das einprägsame Selbstporträt von Rembrandt, das er im Alter von 51 Jahren schuf. Weitere spektakuläre Werke von Simon Vouet, Allan Ramsay, Hyacinthe Rigaud, David Wilkie, Gustave Courbet, Edvard Munch, Paul Klee, Andy Warhol, Marina Abramovic, Douglas Gordon, Sarah Lucas und Annie Lennox sind ebenfalls in der Ausstellung zu sehen. Auch erstklassige Selbstporträts von europäischen Künstlern, die dem britischen Publikum bis dato weniger bekannt sind, sind Teil der Ausstellung; darunter der italienische Futurist Gino Severini und der deutsche Expressionist Ernst Ludwig Kirchner.

In einer Zeit, in der Fragen von Identität und Selbstdarstellung omnipräsent sind, regt dieses ambitionierte internationale Projekt auf inspirierende Weise zum Nachdenken an. Facing the World lädt die Besucher*innen darüber hinaus ein, sich mit Hilfe einer interaktiven Installation zu porträtieren und damit zu einer Collage digitaler Selbstporträts beizutragen.

Autoportraits

Abbildung des Werks "Die Liebenden auf dem Land" von Gustave Courbet aus dem Jahr 1844. Zu sehen sind zwei Personen im Profil. Die hintere Person ist deutlich heller zu sehen.
Gustave Courbet: Die Liebenden auf dem Land, Gefühle der Jugend (Die Glücklichen Liebenden), 1844 Musée des Beaux-Arts de Lyon © Lyon MBA | Foto: Alain Basset

Von Rembrandt zum Selfie

26. März – 26 Juni 2016, Musée des Beaux-Arts de Lyon

Das Selbstbildnis ist eine Kunstgattung für sich. Es vermittelt Informationen nicht nur über den Stil der jeweiligen Kunstepochen, sondern auch über die Persönlichkeit des Künstlers und dessen gesellschaftlichen und geschichtlichen Umfeld. Im digitalen Zeitalter ist der Rückblick auf die Tradition des Selbstbildnisses besonders aktuell, da in den letzten Jahren die weltweite Verbreitung der Smartphones zur Entstehung eines gesamtgesellschaftlichen Phänomens geführt hat: nämlich der Aufnahme von Selfies.

Mehr lesen
Weniger lesen

Mehr als 130 Gemälde, Zeichnungen, Druckgrafiken, Fotos, Plastiken und Videos aus der Zeit zwischen der Renaissance und dem 21. Jahrhundert werden in der Ausstellung gezeigt. Die meisten Werke entstammen den reichen Sammlungen der drei Partnermuseen, während andere Leihgaben von Lyoner Privatsammlern, dem ZKM Karlsruhe und dem Musée d’art contemporain de Lyon sind. Die Ausstellung hinterfragt die künstlerische Praxis, definiert die Typologie des Selbstporträts und unterstreicht die Besonderheiten dieser Kunstgattung. Sie zeigt die Vielfalt der Gestaltungsmöglichkeiten, von inszenierten Selbstbildnissen über die Darstellung der Künstler*innen in Werken anderer Gattungen bis hin zu bloßen Anspielungen. Einen besonderen Schwerpunkt bildet die Produktion der deutschen, schottischen und Lyoner Kunstszenen.

Die Kapitel der Ausstellung

Die Ausstellung gliedert sich in fünf Kapitel (Der Blick des Künstlers – Der Künstler bei der Arbeit – Der Künstler und seine Familie – Der inszenierte Künstler – Der Körper des Künstlers), welche die Typologie des Selbstporträts und dessen Entwicklung im Laufe der Jahrhunderte hinterfragen. Zur Ausstellung erscheint ein wissenschaftlicher Katalog in drei Sprachen (Deutsch, Französisch, Englisch).

Die Besucher*innen und ihre Selbstbildnisse

Parallel zur Ausstellung wurden verschiedene Angebote entwickelt, um das Publikum in das Projekt einzubeziehen. Besonders erwähnenswert ist die digitale Installation des ZKM, die als Abschluss eines Ausstellungsrundgangs die Besucher*innen dazu auffordert, Autoporträts zu knipsen. Die Bilder werden anschließend automatisch ausgewählt und zu einem riesigen Portrait zusammengefügt. Im Rahmen dieses Projekts können die Besucher sich sogar auf Internet und den sozialen Netzwerken an der Ausstellung noch weiter beteiligen.

Kunstprojekt FLICK_EU | Kooperation mit dem ZKM

FLICK_EU löst das demokratische Versprechen der neuen Medien ein: Alle Besucher sind eingeladen, Porträts von sich anzufertigen und sie sowohl im Museum als auch im Netz zu präsentieren. Als eine interaktive Plattform der Ausstellung macht FLICK_EU außerdem die europäische Dimension des Projektes sichtbar: Parallel zu den Ausstellungen in Karlsruhe, Lyon und Edinburgh formt sich sukzessive eine europäische Porträtgalerie. FLICK_EU ist ein Beitrag des ZKM zum Projekt Ich bin hier.

Mehr lesen
Weniger lesen

FLICK_EU

Peter Weibel (1944 Odessa), Matthias Gommel (1970 Leonberg)
FLICK_EU, 2007/2015
Interaktive Installation: Ein Fotoautomat, ein Computer, vier Monitore

Bei dem Projekt FLICK_EU werden die Besucher porträtiert und Teil der Ausstellung. Durch den Einwurf einer Münze in den Fotoautomaten wird das übliche Passfoto ausgeworfen. Dieses wird gleichzeitig digitalisiert und ins Internet gespeist. Von dort aus wird es auch in die Kunsthalle weitergeleitet, wo es entweder auf einem Bildschirm oder als Projektion gezeigt werden kann. Da es sich um digitale Daten handelt, kann das Porträt an mehreren Orten präsentiert werden.

Besucher der Ausstellung in Karlsruhe werden in Karlsruhe, Edinburgh und Lyon zu sehen sein. Der reale Besuch der Kunsthalle führt also auch zur virtuellen Präsenz in zwei anderen Museen. Das Projekt FLICK_EU ist eine künstlerische Reflexion der Funktion des Porträts im Zeitalter der digitalen Medien. Gleichzeitig erfüllt es die Bedingung einer Gemeinschaft, denn der Besucher ist virtuell auch in anderen Museen und Städten präsent. So bildet das Projekt ein Miniaturmodell der europäischen Gemeinschaft.

FLICK_EU MIRROR

Bernd Lintermann (1967 Düsseldorf), Joachim Tesch (1969 Münsingen)
FLICK_EU MIRROR
Interaktive Installation basierend auf der Installation FLICK_EU von Peter Weibel und Matthias Gommel

Eine andere Sicht auf die Gemeinschaft der FLICK_EU-Bürger zeigt die Installation FLICK_EU MIRROR. In einer Projektion sieht der Besucher ein live aufgenommenes Videobild vor sich, das sich verhält wie ein Spiegelbild von ihm selbst. Nach kurzer Zeit vergröbert sich das Videobild und der Betrachter erkennt, dass die einzelnen Bildpunkte Porträtbilder von Personen sind, die sich an FLICK_EU beteiligt haben. Das eigene Bild wird als ein Mosaik aus den Bildern vieler Personen aufgebaut. Die virtuelle Kamera fährt in hoher Vergrößerung über das eingefrorene Videobild und zeigt verschiedene Einzelbilder im Porträt. Unter Umständen sieht sich der Besucher selbst, wenn er sich kürzlich in FLICK_EU eindigitalisiert hat. Nach einigen Minuten wird wieder das Spiegelbild des Besuchers gezeigt, der als Individuum aus der Gemeinschaft aller entsteht.

Blogparade #selfierade

Die Kunsthalle hat gemeinsam mit den Kulturkonsorten in den sozialen Netzwerken zu einer Diskussion und #Blogparade über das Thema „Selfies“ eingeladen. Als Diskussionsgrundlage stellten wurde exklusiv ein Aufsatz aus dem Ausstellungskatalog zur Verfügung gestellt, der sich mit dem Thema „Selfies“ befasst und von dem Kunsthistoriker und Kulturwissenschaftler Wolfgang Ullrich verfasst wurde. Zur Einstimmung auf die Ausstellung hatte die Kunsthalle fünf Initialposts, die das Thema breit öffnen sollten, bei fünf Bloggern angeregt. Daraus hat sich eine inspirierende, vielschichtige #Blogparade #Selfierade entwickelt, jeder konnte mitmachen.

Aufzeichnung der Gesprächsrunde zu "Selfies, Emojis und die Verwendung von Bildern in den Sozialen Netzwerken" mit mit Wolfgang Ullrich, Kunsthistoriker und Kulturwissenschaftler, Anke von Heyl, Bloggerin und Kunsthistorikerin, Prof. Dr. Müller-Tamm, Direktorin der Kunsthalle und Dr. Alexander Eiling, Kunsthalle via YouTube

YouTube Inhalte aktivieren

Bitte beachten Sie, dass beim Aktivieren auf Ihrem Endgerät Cookies gespeichert werden und eine Verbindung in die USA aufgebaut wird. Die USA ist kein sicherer Drittstaat im Sinne des EU-Datenschutzrechts. Mit Ihrer Einwilligung erklären Sie sich auch mit der Verarbeitung Ihrer Daten in den USA einverstanden. Weitere Informationen finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Selfies, Emojis und die Verwendung von Bildern in den Sozialen Netzwerken

Abspielen
Gespräch mit Wolfgang Ullrich, Kunsthistoriker und Kulturwissenschaftler, Anke von Heyl, Bloggerin und Kunsthistorikerin, Prof. Dr. Müller-Tamm, Direktorin der Kunsthalle und Dr. Alexander Eiling, Kurator, Kunsthalle. Moderation: Christian Gries, Kunsthistoriker und Medienentwickler

Das Projekt

Kooperationspartner
Musée des Beaux Arts de Lyon
National Galleries Scotland
ZKM
Wir danken für die großzügige Unterstützung
EACEA Ko-Finanzierung
Baden-Württemberg
Dr. Ilse Völter-Stiftungsfonds (alt)

Mehr erfahren über die Werke

Die folgenden Texte informieren kurz und knapp über die Highlights der Partnerausstellung.

Mehr lesen
Weniger lesen

Louis Janmot: Selbstporträt, 1832

Dieses im Alter von 18 Jahren erschaffene Selbstbildnis ist das früheste heute bekannte Werk von Louis Janmot. Es entstand kurz nach seinem Eintritt in der Ecole des Beaux-Arts in Lyon und wurde brachte ihm den Sieg in einem am Wettbewerb der Hochschule ein. Der junge Maler hält Palette und Pinsel so, als wolle er gerade jenes Bild in Angriff nehmen, das der Betrachter vor sich hat. Sein entschlossenes Gesicht verrät den großen Ehrgeiz, mit dem er die vor ihm liegende Karriere ins Auge fasst. Kennzeichnend für das Bild ist der durchdringende Blick, der auf den bei Romantikern beliebten Gedanken des aus sich selbst heraus schaffenden Künstlergenies zu verweisen scheint.

Abbildung des Selbstporträts von Louis Janmot aus dem Jahr 1832. Die Künstlerin steht in einem grauen Kleid und hält eine Palette und einen Pinsel in der Hand.

Annie Lennox, Allan Martin: Selbstporträt, 2003

Annie Lennox ist eine der bekanntesten britischen Singer-Songwriter, Aktivisten und sozial Engagierten und wurde als solche unzählige Male in Fotografien und Filmen porträtiert. Diese Fotografie steht im Zusammenhang mit dem Selbstporträt, das Lennox auf dem Cover von „Bare“ (2003), ihrem dritten Solo-Album, zeigt. Die beiden zeitlosen, geschlechtsneutralen und ethnisch unbestimmten Aufnahmen entstanden in Kooperation mit ihrem Freund, dem Grafiker Allan Martin. Bedeckt mit weißer Kreide oder Ton, erscheint Lennox statuenhaft und gespenstisch, die angeklebten Wimpern verdeutlichen die Künstlichkeit ihrer Darbietung, und das Band aus Tartanstoff verweist auf ihre schottische Herkunft.

Selbstporträt der zeitgenössischen Künstlerin Annie Lennox von Allan Martin aus dem Jahr 2003, das in der Ausstellung "Ich bin hier" vom 31. Oktober 2015 bis 31. Januar 2016 in der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe zu sehen war.

Andy Warhol: Selbstporträt mit „Fright Wig“, 1986

Andy Warhol ist eine Ikone und sein Bildnis ist so legendär wie seine Kunst. Sein Äußeres beschäftigte ihn sein Leben lang und ab den frühen 1960er Jahren wurde die silberne Perücke fester Bestandteil seiner Identität. Nachdem er sich mit seinen Pop-Art-Bildern als erfolgreicher Künstler etabliert hatte, gewann das Selbstporträt in seinem Schaffen an Bedeutung. Seine Bildnisse aus den 1960er Jahren basieren auf Automatenfotos, die vergrößert, in Siebdrucke verwandelt und dann auf Leinwand übertragen wurden. Als er 20 Jahre später wieder mit Polaroid-Bildern arbeitete, entstand eine Serie, die ebenfalls in Malereien übertragen wurde.Diese vier Selbstporträts zeigen, welche Bedeutung das Rollenspiel, das Tragen unterschiedlicher Perücken und Make-ups für ihn hatte. Würde er noch leben, wäre er zweifellos der König des Selfie.

Selbstporträt von Andy Warhol aus dem Jahr 1986. Der Künstler hat graue Haare und trägt einen dunklen Rollkragenpullover.

Anselm Feuerbach: Jugendliches Selbstbildnis, 1852/53

Anselm Feuerbach betrieb einen ans Unerträgliche grenzenden Personenkult, der sich in zahlreichen Selbstporträts niederschlug. . Diese Darstellung orientiert sich malerisch an Rembrandt, dessen Selbstbildnisse der junge Feuerbach intensiv studiert hatte. Feuerbachs konzentrierter Blick wurde oft mit der Überprüfung seiner Physiognomie in einem Spiegel begründet. Das Bildnis ist Dokument einer Selbsterforschung, aber auch Selbstinszenierung mit theatralischer Beleuchtung, die einer Dämonisierung gleichkommt. Es ist eine Pathosformel, die es dem Künstler gestattet, die eigene, als genialisch empfundene Persönlichkeit ins rechte Licht – hier Gaslicht – zu setzen.
Abbildung des Werks "Jugendliches Selbstbildnis" von Anselm Feuerbach aus dem Jahr 1852/53. Der Künstler hat einen Schnäuzer und mittellange braune Haare.

Hans Thoma: Selbstbildnis mit Amor und Tod, 1875

Hans Thomas Selbstbildnis bezieht sich auf das 1872 gemalte Selbstbildnis mit fiedelndem Tod seines Freundes Arnold Böcklin (Alte Nationalgalerie Berlin). Doch Thoma verändert die Aussage deutlich: Der Lorbeerkranz als Attribut des Todes verweist auf die Frage, ob künstlerischer Ruhm über den Tod hinaus Bestand hat. Da der geflügelte Putto die Züge von Thomas späterer Frau Cella Bertenender trägt, die er gerade kennengelernt hatte, wendet sich die dämonische Dramatik der Böcklin’schen Vorlage ins Positive. Der Maler zeigt sich selbst zwischen Kleinkind und Skelett, zwischen Leben und Tod, doch in der Gewissheit: „amor vincit omnia“.
Abbildung des Werks "Selbstbildnis mit Amor und Tod" von Hans Thoma aus dem Jahr 1875. Der Künstler hält einen Pinsel und trägt ein braunes Gewand. Über ihm ist ein Engel und hinter ihm ein Schädel.

Simon Vouet: Selbstporträt, um 1626

Simon Vouets Selbstbildnis sprüht vor Lebendigkeit. Das sorgfältig modellierte Gesicht mit den fein ausgeführten Schatten unter den Augen und dem leicht geöffneten Mund strahlt eine große Intensität aus. Die Präsenz des Malers wird durch den Verzicht auf die Darstellung des Körpers verstärkt. Kleidung und Umfeld sind lediglich angedeutet. Ob das Bild noch während Vouets 15-jährigem Italienaufenthalt entstand oder bereits in Frankreich ist unsicher. Der Maler kehrte 1627 zurück. Er wurde noch im selben Jahr zum Hofmaler Ludwigs XIII. ernannt und führte in der Folgezeit zahlreiche repräsentative Aufträge aus.
Abbildung des Werks "Selbstportrtät" von Simonm Vouet aus dem Jahr 1626. Der Künstler hat braune Haare, einen Ziegenbart und einen Schnäuzer.

Ernst Ludwig Kirchner: Der Maler (Selbstbildnis), 1920

Von Ernst Ludwig Kirchner sind zahlreiche Selbstbildnisse aus allen Schaffensphasen bekannt. Der Linolschnitt ist ein Beispiel für die stilpluralistische Phase, in der er unterschiedliche Einflüsse zu vereinen suchte. Er erinnert aufgrund der flächigen Vereinfachung an einen Scherenschnitt. Charakteristisch für diese Jahre sind die zart leuchtenden Aquarellfarben, die im Übereinanderdruck von Blau und Gelb grüne Partien ergeben. Kirchners farbige Grafiken sind meist nur in wenigen Abzügen erhalten: der Künstler wollte derenEinzigartigkeit betonen, da sie für ihn auf gleicher Stufe mit seinen Gemälden standen. – In den Jahren des Ersten Weltkriegs durchlebte Kirchner eine tiefe Krise. Angstzustände und Medikamentenabhängigkeit ließen in ihm die Furcht vor dem Verlust der eigenen Schöpferkraft aufsteigen, ein Trauma, das er auch zum Thema seiner Selbstdarstellungen machte. Das Gemälde zeigt ihn beim Malen in der engen Stube seines Hauses im Schweizerischen Davos, wohin er sich in der Hoffnung auf Genesung zurückgezogen hatte und bis zu seinem Freitod 1938 lebte.

Abbildung des Selbstportraits Ernst Ludwig Kirchners. Er sitzt an einem Tisch. Hinter ihm ist ein Ofen und ein Fenster.

Rembrandt Harmenszoon van Rijn: Selbstbildnis, um 1650

Nichts liegt näher, als die offensichtlich bedrückte Gemütslage auf die biografische Situation des Malers zu beziehen, der sich nach dem Tod seiner geliebten Frau Saskia (1642) in einer Lebens- und Schaffenskrise befand. Doch Rembrandt hatte nicht die Analyse des eigenen Ichs im Sinn. Vielmehr wollte er ein packendes und damit auch verkäufliches Bild malen. Selbstporträts waren im 17. Jahrhundert nicht privat. Nach Fertigstellung wurden sie rasch an vermögende Kunstfreunde verkauft. Rembrandts Selbstbildnisse zeigen gespielte Emotionen und auch seine Gewandung setzt ihn im Sinne einer Theaterrolle in Szene. Zu Recht gilt diese Selbstbildnis als ein Meisterwerk, an dem sich Rembrandts außergewöhnliche Maltechnik exemplarisch studieren lässt, die Zonen unterschiedlicher Ausarbeitung vereint: Während das Gesicht sehr genau und bei aller Pastosität fein durchmodelliert ist, macht der Mantel in seiner skizzenhaften Wiedergabe einen geradezu unfertigen Eindruck.

Abbildung des Selbstbildnisses von Rembrandt aus dem Jahr 1650. Er trägt ein braunes Gewand und einen braunen Hut.

Gustave Courbet: Die Liebenden auf dem Land, Gefühle der Jugend (Die Glücklichen Liebenden), 1844

Von Gustave Courbet gibt es etwa 20 Selbstporträts aus der Zeit zwischen 1842 und 1855. Sie boten dem Künstler die Gelegenheit, sich in Szene zu setzen und ein bestimmtes Bild von sich zu konstruieren: zunächst noch im Fahrwasser der Romantik als einsames, verkanntes Genie, später als Provinzmaler, der sich nicht viel aus gesellschaftlichen Gepflogenheiten machte. Das vorliegende Selbstporträt zeigt den Maler in Gesellschaft seiner Lebensgefährtin Virginie Binet, die ihn 1852 verließ. Der Titel Die Liebenden auf dem Lande, den der Maler seinem Werk erst 1855 verlieh, wäre somit eine bewusste Anspielung auf sein vergangenes Glück.

Abbildung des Werks "Die Liebenden auf dem Land" von Gustave Courbet aus dem Jahr 1844. Zu sehen sind zwei Personen im Profil. Die hintere Person ist deutlich heller zu sehen.

Antoine Duclaux: Rast der Künstler am Ufer der Saône, 1824

Dieses Gemälde gilt als Hauptwerk von Antoine Duclaux. Es wurde 1824 im Pariser Salon ausgestellt und buchstäblich zum Manifest der jungen „Schule von Lyon“. Im Zentrum ist Duclauxs‘, mit einem Zylinder bekleideter, Mentor Fleury Richard zu sehen, der damals infolge einer Intrige seines Rivalen Pierre Révoil als Professor an der Lyoner Kunsthochschule entlassen worden war. Um ihn scharen seine erfolgreichsten Schüler – die von der Kunstkritik seit 1819 als solche bezeichnere „Schule von Lyon“. Von links nach rechts sind versammelt: der Bildhauer Jean François Legendre-Héral und die Maler Augustin Thierriat, Michel Genod, Anthelme Trimolet, Jean Marie Jacomin, Étienne Rey, Claude Bonnefond und Hector Reverchon.

Abbildung des Werks "Rast der Künstler am Ufer der Saône" von Antoine Duclaux aus dem Jahr 1824. Das Bild zeigt eine Gruppe Reisender vor einem Fluss. Sie reisen mit Pferden und einem Wagen.

Sarah Lucas: Selbstporträt mit Spiegeleiern, 1996

Sarah Lucas‘ Darstellungen von Männern und Frauen zeigen einen respektlosen Humor und ein umgangssprachliches Vokabular, die sexuelle Stereotypen und gängige Moralvorstellungen hinterfragen. In Selbstporträt mit Spiegeleiern nimmt sie eine provokative machohafte Pose ein. Die Eier auf ihrer Brust parodieren die geläufigen Konnotationen weiblicher (und männlicher) Geschlechtsmerkmale.

Abbildung der Fotografie "Selbstporträt mit Spiegeleiern" von Sarah Lucas aus dem Jahr 1996. Die Künstlerin sitzt in einem Sessel und hat Spiegeleier auf ihren Brüsten.

Jean Carriès: Der Krieger, 1881

Jean Carriès gehört zu den originellsten Bildhauern seiner Zeit. Er schuf mehrere Fantasiebüsten in historischen Gewändern. Im Krieger hat sich der Künstler vermutlich selbst dargestellt – in einer Art imaginärem Selbstporträt mit Rüstung und Helm. Das Werk verweist überdeutlich auf die spanische Kunst des 17. Jahrhunderts. Zugleich sind Helm und Rüstung vielleicht ein Verweis auf Rembrandts Inszenierungen und Requisiten. Durch diese Anspielungen, durch das Verwirrspiel der Selbstinszenierung und durch den melancholischen Blick verflüchtigt sich der Eindruck des Martialischen. Stattdessen tritt eine introspektive und meditative Grundstimmung hervor.

Abbildung der Skulptur "Der Krieger" von Jean Carriès aus dem Jahr 1881. Die Skulptur ist eine Büste und zeigt einen Soldaten mit Helm.

Vincenzo Campi: Die Ricotta-Esser, 1580

Von den Ricotta-Essern sind sechs weitere Fassungen bekannt, doch stammt diese wohl als einzige von Campi selbst. Dieser rückt sich als heiteren Philosophen ins Zentrum seiner Bildkomposition, in der einer nach dem anderen vom Lachen angesteckt zu werden scheint. Campi empfiehlt so, die Wonnen des Daseins zu genießen, ohne sich jedoch allzu viel davon zu versprechen. Die mit Löffeln in den Ricotta gehöhlten Löcher verleihen dem Käse das Aussehen eines Totenschädels, auf dem sich eine Fliege niedergelassen hat. Dieses traditionelle Motiv der Vanitas-Malerei ermahnt zu einem gedeihlichen Lebenswandel und erinnert an die Unausweichlichkeit des Todes.

Abbildung des Werks "Die Ricotta-Esser" von Vincenzo Campi aus dem Jahr 1580. Das Bild zeigt eine Personengruppe die fröhlich von einem Teller Ricotta essen.

Joseph Vivien: Selbstporträt mit Palette, um 1715–1720

Gestützt auf Zeichenmappe und Palette zeigt Vivien auf die Pinsel, die ihn als Historienmaler ausweisen. Der auf den Betrachter gerichtete Blick und das angedeutete Lächeln zeugen vom Stolz des Malers, der mit herausgestreckter Brust seine Entschlossenheit zur Schau stellt. Der in Paris ausgebildete Joseph Vivien war Hofmaler des Kurfürsten Max Emanuel von Bayern. Zur Entstehungszeit dieses Gemäldes befand er sich auf dem Höhepunkt seiner Karriere: Im Hintergrund sieht man eine Vorarbeit zu seinem Meisterwerk Allegorie auf die Wiedervereinigung des Kurfürsten Maxi Emanuel von Bayern mit seiner Familie 1715. Das zwischen 1715 und 1733 erschaffene Monumentalgemälde (Staatsgalerie Schleißheim) erinnert an den Abschluss des Friedensvertrags von Rastatt am 7. März 1714.

Abbildung des Werks "Selbstporträt mit Palette" von Joseph Vivien aus den Jahren 1715–1720. Der Künstler trägt ein gelbes Kostüm und hat eine graue Perücke auf.

Michel Dumas: Selbstporträt, ca. 1840

Michel Dumas gehört zu den zahlreichen Künstlern aus Lyon, die ihre Ausbildung im Atelier von Jean-Auguste-Dominique Ingres begonnen haben. Der Maler zeigt sich mit einer Ateliermütze, trägt jedoch elegante Garderobe, die man sich kaum als Arbeitskleidung vorstellen kann. Im Hintergrund ist die Rückseite eines Gemäldes zu sehen. Möglicherweise handelt es sich dabei um sein Erfolgswerk Abraham schickt Hagar fort (1838). Hierfür spricht unter anderem, dass der aus Lyon stammende Kunstsammler Lodoïx Monnier, Dumas‘ treuester Förderer, den Abraham kaufte und der erste Eigentümer dieses Selbstporträts war.

Abbildung des Werks "Selbstporträt" von Michel Dumas aus dem Jahr 1840. Der Künstler trägt ein schwarzes Gewand und einen schwarzen Hut.

John Byrne: John Patrick Byrne, Selbstporträt in geblümter Jacke, 1971–1973

Das Selbstporträt des Künstlers und Autors ist eine Hommage an jenen Außenseiter, den John Byrne unter den modernen Malern am meisten bewunderte: den Vertreter der naiven Kunst Henri Rousseau. Entstanden im Anschluss an eine Amerikareise spiegelt es zugleich Byrnes Faszination für das Filmlicht Kaliforniens und die Flower-Power-Zeit wider. Die zahlreichen, sehr unterschiedlichen Selbstbildnisse, die der Künstler im Laufe seiner Karriere schuf, verweisen auf eine unbeständige und veränderliche Identität. Er zeigt sich in verschiedensten Gestalten, Verkleidungen, Mienen und Masken, Stimmungen und Umständen. Dabei findet sich sowohl Humoristisches als auch Tragisches.

Abbildung des Werks "John Patrick Byrne, Selbstporträt in geblümter Jacke" von John Byrne aus den Jahren 1971 bis 1973. Der Künstler sitzt mit einer Palette und einem Stift in der Hand auf einer Box.

Robert Henderson Blyth: Unsichere Existenz, 1946

Robert Henderson Blyth verbrachte während des Zweiten Weltkriegs vier Jahre als Sanitäter im Royal Army Medical Corps in Frankreich, Holland und Belgien. Die Erfahrungen dieser Zeit spiegeln sich in zahlreichen seiner Werke, die beherrscht sind von düsteren Vorahnungen und erstarrte Menschen inmitten von Verwüstung und Zerstörung zeigen. Auch dieses Selbstporträt zeigt ihn bedrängt von einer schneebedeckten, ungeordneten Landschaft. Die in sich zusammengesunkene Gestalt eines Mannes im Rücken, scheint der Dargestellte selbst wie erstarrt. Die leicht nach oben gewandten Augen von kühlem Blau bannen den Betrachter und zwingen ihn zur Auseinandersetzung.

Abbildung des Werks "Unsichere Existenz" von Robert Henderson Blyth aus dem Jahr 1946. Der Künstler malte sich als Soldat in einem Schützengraben. Hinter ihm sieht man eine zerstörte Stadt. Alles ist leicht mit Schnee bedeckt.
Newsletter

Auch während der sanierungsbedingten Schließung informieren wir Sie hier über die Geschehnisse hinter den Kulissen der Kunsthalle.